Vertrauen und Bewusstsein
GUTMANN ALUMINIUM DRAHT GMBH (GAD) – setzt bei der Unternehmens-Metamorphose auf Vertrauen und Bewusstsein
ein Gespräch von Peter Bauer mit Michael Wolf
GUTMANN ALUMINIUM DRAHT (GAD) ist ein mittelständisches Produktionsunternehmen in Weißenburg/Bayern mit ca. 130 Mitarbeiter/innen. Wir verfolgen den Entwicklungsweg dieses erstaunlichen Mittelständlers seit nunmehr rund 4 Jahren mit großem Respekt und Bewunderung.
GUTMANN ALUMINIUM DRAHT – Die Geschichte einer „Unternehmens-Metamorphose“ (Teil 3)
Ich verwende hier ganz bewusst zum ersten Mal den Begriff der „Unternehmens-Metamorphose“ im Sinne eines Wandlungs- und Häutungsprozesses, an dessen gutem Ende ein Organismus steht, den wir als absolut zukunftsweisend ansehen.
Wichtig als Vorbemerkung: Die GAD ist richtig gut unterwegs, gerade auch in kaufmännischen Kategorien gemessen. Zugleich stellt dieser Transformationsprozess viele Mitarbeiter einschließlich Paul Habbel als angestellten Geschäftsführer immer wieder vor neue Fragen und Wagnisse.
In diesem Beitrag greife ich nur einige Aspekte heraus, die sich mit der besonderen Rolle von Michael Wolf (GAD) beschäftigen. Sie sind Ausschnitte aus einem langen Gespräch von Ende September 2016.
Wirtschaftlicher Erfolg durch Vertrauen
Peter Bauer (PB): Michael, wenn du nur auf die letzten 2-3 Jahre bei Gutmann Alu zurückblickst. Was waren aus deiner Sicht die besonders bemerkenswerten Ereignisse?
Michael Wolf (MW): Es war insgesamt viel Bewegung und über eine längere Zeit auch eine große Anstrengung im gesamten Unternehmen, die vor allem mit der Errichtung des komplett neuen Standorts, der Einrichtung einer neuen IT und alles einschließlich des Umzugs im laufenden Betrieb zu tun hatten.
Intern sind mir vor allem Entscheidungen und Ereignisse im Kopf wie
- Die Teams stellen neuen Kolleg/innen eigenständig ein.
- Alle Mitarbeiter werden in die Unternehmens-Kennzahlen eingebunden.
- Die Teams entscheiden weitestgehend autonom darüber, ob Überstunden oder Zusatzschichten notwendig sind.
- Die Mitarbeiter beraten und entscheiden gemeinsam über anstehende Investitionen und über Möglichkeiten einer finanziellen Planung zur Umsetzung.
- Die Mitarbeiter planen ihren Urlaub untereinander unter Berücksichtigung notwendiger Maschinenlaufzeiten selbst.
Diese Beispiele prägen den Arbeitsalltag bei uns – und natürlich auch die Entscheidung, alle Führungspositionen abzuschaffen – mit Ausnahme der rechtlich notwendigen GmbH-Geschäftsführungsposition.
PB: Ich halte ja immer noch etwas die Luft an, wenn ich mir die „Radikalität“ eures Entwicklungsweges bewusst mache. Und zugleich bin ich sehr beeindruckt von den wirtschaftlichen Zahlen, die ihr Jahr für Jahr selbst im „Umzugsjahr“ abgeliefert habt. Was ist aus deiner Sicht der Schlüssel für diese außergewöhnliche Leistung?
MW: Ich bin fest davon überzeugt, dass der entscheidende Punkt dafür das Vertrauen ist, das wir über Jahre bei GAD entwickelt haben – und sehr stark von Paul Habbel als Geschäftsführer gestützt und vorgelebt wird.
PB: Da kommt bei mir sofort „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser“…
MW (lacht). Genau! Und da fällt mir ein – wir haben ja auch die Funktion der „Qualitäts-Endkontrolle“ abgeschafft. Die Qualitätsprüfung findet jetzt in den Teams in den jeweiligen Produktionsschritten statt.
PB: Wie siehst du das Thema „Vertrauen“ in einem Wirtschaftsunternehmen. Ist es wirklich so entscheidend wie es ja auch von einigen anderen „Exoten“ (z.b. P. Lencioni, V. Nayar) beschrieben wird?
Vertrauen braucht Bewusstheit
MW: Wenn man den Weg hin zu deutlich mehr Mitwirkung und Mitentscheidung geht, ist Vertrauen m.E. absolut alternativlos, es ist ein bewusst gesetztes Vertrauen zum anderen – und selbstverständlich auch mir selbst gegenüber. Kein „blindes“ Vertrauen. Und „Vertrauen“ geht für mich nicht ohne das Thema „Bewusstsein und Bewusstheit“ Und wir investieren hier bei Gutmann Alu in beide Qualitäten –u.a. durch besondere Fortbildungsmöglichkeiten und Workshops.
PB: Ja, das ist für ein Produktionsunternehmen mit rund 130 Beschäftigten mehr als bemerkenswert. Und Gutmann investiert aus meiner externen Blick in besonderer Weise in dich als „Rolle“.
Wie siehst du deine Funktion und deine Hauptaufgaben?
MW: Ich habe bis heute noch keinen „knackigen“ Begriff für meine Tätigkeit gefunden, weil ich sie einerseits als sehr klaren Auftrag begreife und dieser andererseits häufig als sehr umfassend und vielschichtig erfahre. Mein Auftrag lautet ganz sicher, dass ich in diesem besonderen Entwicklungs- und Umbruchprozess einen positiven Beitrag zu besserer Zusammenarbeit, gelingender Kommunikation, mehr wechselseitigem Verständnis und Zuhören leisten darf. Und natürlich auch dazu, Vertrauen und Zuversicht zu nähren, dass wir diesen Weg hin zu einem von „Angst befreitem“ Unternehmen mit hohem Selbstorganisationsgrad auch schaffen.
PB: Das klingt auf jeden Fall spannend und herausfordernd. Und wie machst du das?
MW: Über das „Wie“ gibt es keine Vorgaben für mich. Ich bringe da als „Quereinsteiger“ meine vielfältigen Erfahrungen aus meinen bisherigen Tätigkeiten samt einer guten Portion Lebenskompetenz mit. Meine Kernaufgabe sehe ich tatschlich in der Stärkung des gewachsenen Vertrauens innerhalb der Organisation. Und das bedeutet auch mich und andere immer wieder zu ermutigen, sich selbst zu zeigen jenseits von „ich bin der/die Größte“, Position zu beziehen, nachzufragen, auch zu hinterfragen und vor allem mit Herz und Hirn zuzuhören.
PB: Das hört sich fast „therapeutisch“ an.
Jenseits von Hierarchien…
MW: Ja das könnte man so beschreiben. Es ist jedoch in bestimmter Weise auch eine heilende Aufgabe, weil wir alle so stark geprägt sind von Mustern und Bildern wie z.B. „ die da oben und unten“, von Hierarchie gleich Besserwissen , von Führungsrolle als Alleinverantwortlicher anstatt die Kompetenz, Erfahrung , die Neugierde und Zweifel sowie die Lernbereitschaft von vielen und möglichst allen einzubeziehen.
PB: Wir haben ja in unserem Gespräch noch einige wichtige Fragen angesprochen wie z.B. wie gehen die bisherigen „Vorgesetzten“ nun mit ihrer neuen Situation ohne Titel um? Wie reagieren Mitarbeiter/innen auf die Situation, dass jetzt jemand „auf Augenhöhe“ mit Ihnen zusammenarbeiten soll/muss oder darf?
MW: Das ist im Einzelfall sehr unterschiedlich. Und selbstverständlich ist das noch nicht alles verdaut. Dennoch bin ich selbst überrascht, wie gut wir alle diesen „Bruch“ mit der jahrzehntelangen, ja eigentlich einer Jahrhunderte währenden gesellschaftlichen „Tradition“ bis heute geschafft haben. Und gerade bei diesen „Umbrüchen“ und dem immer wieder Betreten von unbekanntem oder wenig vertrautem Land hilft mir und uns das Thema „Vertrauen und Bewusstheit“. Und das geschieht ganz handfest und alltäglich in den Besprechungen in den Teams und den „Reflexionsschleifen“ die wir uns wirklich bewusst gönnen.
Meine Kurzformel: Vertrauen braucht Bewusstheit, braucht Offenheit und Reflexion -als Mensch und als „Organismus Unternehmen“. Und eine entscheidende Form von Offenheit besteht bei uns darin, dass alle Mitarbeiter/innen über alle wichtigen Unternehmens-Zahlen und Fakten informiert sind. Im Bereich der Produktion geschieht das tagtäglich.
PB: Deine Kurzformel gibt mir die Gelegenheit zum Zwischenfazit aus Deiner Sicht? Wie schätzt du den Metamorphose-Prozess von GAD in den letzten Jahren bis heute ein? Und was könnten nächste Schritte und Themen sein?
Was kommt als nächstes?
MW: Die wirtschaftlichen Kennzahlen und Entwicklungen belegen für mich sehr klar, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Gleichzeitig bilden sie jedoch nur einen kleinen Teil des Gesamtgeschehens ab. Meine Kolleg/innen haben aus meiner Sicht eine ganz enorme innere Transformationsleistung erbracht. Darauf kann jede/r Einzelne zurecht stolz sein. Und wir „Gutmänner“ werden in unserer Region und darüber hinaus inzwischen wirklich als etwas Besonderes wahrgenommen. Das sehen wir auch an der Zahl und Qualität der Menschen, die zu uns kommen wollen.
Die nächsten Schritte und die „richtigen“ Themen kommen dann auf den Tisch, wenn sie reif sind. Da bin ich inzwischen gelassener und vertrauensvoller geworden. Und sie werden rechtzeitig, d.h. deutlich früher als vorher und früher als bei den allermeisten anderen Organisationen kommen.
Auch davon bin ich überzeugt, weil wir hier alle zusammen ein Klima geschaffen haben, indem
wirklich vieles früher aufblüht und Früchte trägt.
PB: Ganz herzlichen Dank, Michael, für den anregenden und vertrauensvollen Austausch.
Mein Fazit – Sicht von Aussen
Die bei GAD getroffene Entscheidung, die Rolle eines eigenen „Metamorphose-Begleiters“ zu integrieren, stellt aus meiner Sicht eine Besonderheit dar. Besonderheit im doppelten Sinne: eine eigene Rolle innerhalb eines 130-Personen-Unternehmens und die Rolle besetzt durch einen Externen in der Person von Michael Wolf. Er bringt vieles mit, was ihn dafür qualifiziert und das ist jenseits der herrschenden Tätigkeitsprofile und Berufswege.
Eines seiner Kern-Kompetenzen ist aus meiner Sicht sein fundiertes „Nichtwissen“ als Haltung sowie seine umfassenden Erfahrungen aus verschiedenen anderen Tätigkeiten, u.a. Körperarbeit, die er nach seiner Buchdrucker- und Grafikdesign-Ausbildung erlernt hat.
Eine weitere wesentliche Voraussetzung für einen derartigen Veränderungsprozess ist ganz sicher, die Unterstützung „von oben“. Das reicht aber nicht. Paul Habbel lebt die Veränderung auch vor – und zwar menschlich-glaubwürdig und nicht als „Hero“ und alleinseligmachende Instanz.
Das ermutigt aus meiner Sicht ganz viele und viel mehr und schützt vor der „Guru-Hierarchie- und Abhängigkeitsfalle“.
Und selbstverständlich bleiben weitere Aufgaben für alle bei Gutmann Alu:
- Was bedeuten Führung und gute Entscheidungsfindung als „Dauer-Aufgaben“ in einem nahezu hierarchielosen Unternehmen?
- Wie geht man mit dem Thema „Karriere“ um?
- Wer bekommt welchen Lohn oder welches Gehalt – jenseits von Hierarchie und „Führungsaufgaben“?
- Wie sieht man die Entwicklung im Betriebsrat auch mit Blick auf die Tarifregelungen?
Also – genügend Stoff für weitere Berichte aus Weißenburg/Altmühlfranken. Bleiben Sie dran.
Und wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen!
Was hat das alles nun mit uns von Gesunde Organisationen zu tun?
Wir helfen Unternehmen und Organisationen, die mit einer anderen Art des Arbeitens erfolgreich sein wollen, durch ganz konkrete Maßnahmen.
Und wenn Sie und Ihre Organisation auch neugierig auf eine deutlich bessere Entwicklung mit viel geringeren negativen Nebenwirkung haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir wissen, wie es gehen kann!
(Peter Bauer +49 (0) 6232-600 78 50), (Monika Himpelmann +43 6991 925 60 68).
Wenn Sie mehr Inhalte wie diesen lesen möchten:
[ninja_forms_modal_form id=6 text_link=“Blog abonnieren“][/ninja_forms_modal_form]