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Was bisher geschah

Das Unternehmen Gutmann Aluminium Draht mit seinen knapp 120 Frauen und Männern geht seit ca. 5 Jahren konsequent Schritt für Schritt neue Wege.

Ausgelöst wurde dieser wirklich transformatorische Prozess durch den angestellten Geschäftsführer Paul Habbel, der sich vor rund 10 Jahren die Frage stellte: „Willst du wirklich noch 15 Jahre so weitermachen?“ So weitermachen bedeutete für ihn den zunehmenden Druck von außen (Preise, Qualität, Termine) nach innen an die Mitarbeiter weiter zugeben und als „Einkäufer“ dann ebenso gegenüber den Gutmann-Lieferanten zu agieren.

Seine Antwort damals war ein klares Nein. So nicht – aber was dann? Diesen Teil der Reise habe ich im Blogartikel Schwer auf Draht oder von allen Geistern verlassen sowie in einem Extra-Artikel (Interview mit Paul Habbel) schon beschrieben. Heute erzähle ich von meinem Besuch Mitte Juni 2016 (fällt unter Punkt 3 des Reiseberichtes – für unsere aufmerksamen LeserInnen).

Welcome Peter

Welche Erfahrungen liegen nun vor mit so deutlich anderen Praktiken wie z.B.:

  • Mitarbeiter stellen ihre zukünftigen Kolleg/innen selbst ein
  • Abschaffung aller Führungsebenen – außer der Geschäftsführungsposition
  • Produktionsplanung und -steuerung durch die Mitarbeiter in einem 6-Stunden-Drei-Schichtbetrieb mit 6 Tage-Woche

Wie hat sich die Neueinstellung von Mitarbeitern durch die „aufnehmenden Teams“ bewährt?

Dies war einer der ersten spürbaren Maßnahmen auf dem Weg zur „neuen Gutmann Alu Draht“. Und wie lauten die bisherigen Erfahrungen?

Das Fazit von Paul Habbel: Insgesamt sehr gut und vor allem deutlich besser als die frühere Vorgehensweise über den Personalbereich bzw. die Führungskräfte einschließlich ihm.

Die 2 großen Vorteile aus seiner Sicht:

  1. Das Probearbeiten vor der Einstellung hilft dem Team als auch der in Frage kommenden Person erheblich. Passt die Arbeit für den/die Neue? Passt er oder sie zu uns? Wir zu ihm?
  2. Das Team sieht sich deutlich stärker in der Verantwortung, den neuen Kollegen einen guten Start zu ermöglichen. Schließlich wollen sie eine Verstärkung und wirkungsvolle Unterstützung. Das gilt auch für Zeiten, in dem mal jemand etwas „durchhängt“.

Auch hier setzt das Kümmern um die Gründe zügig ein. Und die Fürsorge umfasst die ganze Palette von 4-Augen- und Team-Gesprächen, konkreten Hilfestellungen bis zu „sanften Tritten“ ins H..teil.

Der Sprung in die nächste Stufe der Selbstorganisation war gewaltig – die Abschaffung nahezu aller Führungsebenen

Mit der Abschaffung der klassischen Führungsfunktionen in 2015 (z.B. Abteilungsleitung, Produktionsplanung) betrat das gesamte Unternehmen ein weiteres Stück Neuland. Und das war auch für diesen über die letzten Jahre immer selbstbewusster und mutiger gewordenen „Organismus“ ein gewagter Sprung.

Heute mit etwa 12 Monate Abstand kann man auf jeden Fall ein positives Zwischenfazit ziehen. Auch dieser mutige Schritt scheint gelungen. Selbstverständlich gab es Anpassungs- und Umstellungsprobleme, auch ganz persönlicher Art. Wer bin ich jetzt noch, was steht auf meiner Visitenkarte? Das waren ja nicht nur ego-getriebene Fragen, sondern das Ringen und Finden einer neuen Rolle als „Berater und Coach“, von der man ja nicht wusste, ob sie einem liegt und ob sie von den Kollegen wirklich akzeptiert wurde?

In diesem Findungsprozess hat sich m.E. eine andere ungewöhnliche Rolle als enorm hilfreich erwiesen in der Gestalt von Michael Wolf. Michael fungiert als „laufendes Ohr“ (so meine liebe-und respektvolle Tätigkeitsbezeichnung) für alle. Er greift die Sorgen und Nöte einzelner Personen und Teams auf und verknüpft zugleich die vielen Fäden in der Organisation. Neudeutsch würde man seine Aufgabe vermutlich als Coach, als Enabler bezeichnen. Seine bisherige Berufsbiografie weist ihn als Grafikdesigner und Körper-Psychotherapeut aus. Was auf seiner Visitenkarte steht, weiß ich immer noch nicht, vermutlich nicht „laufendes und lauschendes Ohr“.

Produktionsplanung und kurz- und mittelfristige Personalplanung wachsen natürlich zusammen

Es gibt eine wöchentlich tagende Gruppe von Mitarbeitern, die auf Basis tagtäglich bekannter Aufgaben und Aufträge die Produktion plant und auch dafür sorgt, dass die notwendige Zahl von Kollegen zur richtigen Zeit am richtigen Platz ist.

Dieser Kreis hat im Übrigen kürzlich die Anfrage des Vertriebs auf eine begrenzte Zahl von Überstunden abgelehnt – in Rücksprache mit ihren Teams.

Seit einiger Zeit ist der Kreis immer ´mal wieder etwas größer, weil man sich dort Gedanken macht, wen man Neues braucht – in 1-2 Jahren . Und welche neuen Qualifikationen man sinnvollerweise für das angestrebte Wachstum und die Kundenanforderungen von morgen an Bord holen müsste.

Wer hat das entschieden? Wer darf dazukommen?

Die Antwort: Es hat sich so entwickelt. Und jede/r, der mag.

Märchen, Wunder – oder „Über-Gutmänner“?

Wenn man das nochmals langsam liest, glaubt man ja kaum, dass diese Fakten aus einem mittelständischen Produktionsunternehmen kommen. Und dieses Unternehmen hat „so nebenbei“ im laufenden Betrieb noch einen kompletten Neubau geplant, umgesetzt und in Betrieb genommen einschließlich neuer IT. Und dabei noch das Neubau-Gesamtinvestitionsbudget eingehalten.

 

Gutmann_Werk

Oben: Gutmann Alu Draht GmbH, Am Sand 2, Weißenburg/Bayern

Es grenzt tatsächlich fast an ein Wunder – und ist dennoch das Ergebnis eines relativ kurzen Weges von weniger als 4 Jahren, die diese außergewöhnlichen Resultate ermöglicht haben.

Es ist ein Weg des Vertrauens, ein Weg hin zu umfassender Einbeziehung aller Mitarbeiter, ein Pfad des Zutrauens in die Fähigkeit und Bereitschaft von Menschen, ihre tägliche Arbeit weitgehend selbst bzw. in Kooperation mit ihren Kolleg/innen zu gestalten.

Meine vermutlichen Themen für den nächsten Reisebericht:

  • Wie sieht der Betriebsrat die Entwicklung? Hinweis: Gutmann Alu ist Mitglied im Metallarbeitgeber-Verband.
  • Der Gutmann-Impuls für die Region: Bewusst – Sein – Kreis.
  • Das laufende Ohr – ein Gespräch mit Michael Wolf

Was hat das alles nun mit uns von Gesunde Organisationen zu tun?

Wir helfen Unternehmen und Organisationen, die mit einer anderen Art des Arbeitens erfolgreich sein wollen, durch ganz konkrete Maßnahmen. Mit nunmehr 20 Jahren Erfahrung, in der wir belegen konnten, dass es auch ganz anders geht. Fragt uns gerne (Peter Bauer +49 (0) 6232-600 78 50), (Monika Himpelmann +43 6991 925 60 68).

Bis zum nächsten Reisebericht alles Gute

Peter Bauer



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